Akzeptanz lernen

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Das Gelassenheitsgebet

Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit,
das eine vom anderen zu unterscheiden.
— Reinhold Niebuhr (Theologe & Philosoph)

Diese Worte können ein wichtiger Wegweiser durch das Leben sein. Ob wir an Schicksal glauben, eine höhere Macht oder uns sicher sind, dass alles in unserer Hand liegt - ganz bestimmt gibt es viele Dinge, für die wir selbst verantwortlich sind. Dementsprechend können wir sie auch selbst verändern. Je offener unser Horizont, desto eher sehen wir die Chancen, die uns das Leben bietet. Wir erkennen, dass wir unsere Karriere zu einem guten Teil selbst gestalten können oder das wir unseren Körper dabei unterstützen können, gesund und fit zu sein.

Grenzen der eigenen Macht

Dennoch gibt es immer wieder Herausforderungen in unserem Leben, an denen wir nichts verändern können. Ganz egal wie viel Kraft und Willensstärke wir aufwenden, manches ist, wie es ist. So wie eine Entscheidung, die nicht in unsrer Hand liegt, deren Konsequenzen uns aber direkt betreffen. Oder das Verhalten unserer Mitmenschen, vielleicht auch noch gegen unseren Rat. Besonders stark spüren wir diese Ohnmacht gegenüber dem, was als Herausforderung auf uns Zukunft, wenn wir erkranken. Erhalten wir eine Diagnose wie Krebs oder eine psychische Krankheit, versuchen wir mit allen Mitteln dagegen anzukämpfen. Dies ist ein natürlicher Prozess, der zu unserer Selbstheilkraft bei trägt (mehr über die Homöostase lesen Sie hier).

Akzeptanz erleichtert das Leben

Unsere Bemühungen, alles in unserer Kraft stehende zu tun, um die Herausforderungen zu meistern, sind ebenso wichtig wie die Erkenntnis, dass ein gewisser Anteil dieser eben nicht veränderbar ist. Wer unter einer Krebserkrankung leidet, wird sich einem (noch) gesünderen Lebensstil zuwenden und alle Therapievorschläge befolgen, die ihm sinnvoll vorkommen. Dennoch ist dies noch kein Garant dafür, wieder vollkommen gesund zu werden. Wer einen Autounfall erlebt, wir sich durch Schmerzen und eine anstrengende Reha kämpfen, wenn dies vorgesehen ist, dennoch kann man sich nie sicher sein, ob alles wieder so wird wie zuvor. Wer unter einer Depression leidet, findet hoffentlich einen Therapeuten, der diese schwere Zeit begleitet. Dennoch gehören negative Gedanken und “dunkle” Tage zum Alltag dazu. In diesen Situationen kommt eine menschliche Fähigkeit zum Tragen, die (wie so vieles) bei jedem Menschen individuell ausgeprägt ist: Die Akzeptanz. Manche Menschen kann schon von Kindesbeinen an kaum etwas wirklich schockieren, sie können das Leben annehmen, wie es eben gerade ist. Andere Menschen tun sich schwer, den Herausforderungen des Lebens mitunter so ausgeliefert zu sein, dass sie nichts daran ändern können. Denn Akzeptanz liegt am anderen Ende von Kontrolle. Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach einem kontrollierbaren und sicheren Leben, in dem nichts Unvorhersehbares auf sie zu kommt, haben häufig ein Problem mit dem akzeptieren von Herausforderungen.

Die gute Nachricht lautet: Akzeptanz ist in jedem von uns angelegt und wir können diese wohltuende Fähigkeit trainieren.

Annehmen was ist

Um die Akzeptanz zu veranschaulichen, möchte ich eine Metapher erzählen, die ich während meiner Ausbildung von Frau Prof. Dr. Jennifer Svaldi (Klinische Psychologin und Psychotherapeutin für Essstörung sowie Professorin an der Universität Tübingen) gelernt habe:

“Stellen Sie sich vor, sie fahren durch die Wüste. Plötzlich bleibt ihr Auto stehen - der Benzin ist aus. Was müsste passieren, damit sie losgehen und eine Tankstelle suchen?
Diese Frage bekamen wir im Zuge des Ausbildungsseminars gestellt.”

Unsere Ideen waren vielseitig, doch Frau Prof. Svaldi erklärte:

“Stellen Sie sich die Situation wirklich ganz genau vor. Sie fahren da gerade eben noch, plötzlich stirbt das Auto ab. Sie würden wahrscheinlich denken: "Das kann doch jetzt nicht sein!" und erstmal versuchen, das Auto erneut zu starten. Dann noch einmal und vielleicht noch ein drittes Mal. Danach würden sie vielleicht auch noch aussteigen, die Motorhaube öffnen, den Ölstand überprüfen, am Motor herumsuchen. Möglicherweise würden Sie noch einmal hinter das Steuer steigen und den Motor noch einmal versuchen zu starten. “

Erst nach einer Weile würden sie wirklich verstehen: "Ok, es ist zwar wirklich unangenehm und absolut unpassend hier an diesem Ort, aber das Auto springt definitiv nicht mehr an. Nach dem Gedanken “Das kann doch jetzt nicht sein!” folgen also Versuche, mit der Herausforderung umzugehen. Erst wenn wir alles mögliche probiert haben und nichts funktioniert, kommt das auf, was wir brauchen, um schlussendlich den nächsten Schritt zu gehen: Die Akzeptanz, dass das Auto wirklich nicht mehr fährt und wir uns auf den unbequemen, unsicheren Weg durch die Wüste machen müssen. Wir wissen nicht, ob wir in die richtige Richtung gehen oder ob wir Hilfe finden. Doch: Was ist die Alternative?

Ein Psychotherapeut kann in so einer Situation ein wichtiger Wegbegleiter sein. Selbst wenn er (oder sie) den Weg nicht zu 100 % kennen und nicht dafür garantieren können, dass sie eine Lösung finden, bieten sich diese Experten an, ein Stück des Weges gemeinsam zu gehen, so wie er schon viele begleitet hat.

















Magdalena Lublasser-Fazal