Achtsamkeit lernen: Das 8 Wochen-Programm

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Mehr Gelassenheit. Das wünschen sich viele Menschen. "Ich wäre gerne entspannter" sagen die einen, "ich weiß, dass ich die Dinge zu Ernst nehme", meinen die anderen. Und wieder anderen sind überzeugt: "Ich bin von Idioten umgeben, kein Wunder, dass ich ständig so genervt bin." Jeden Tag gibt es unzählige Möglichkeiten, die uns Anlass dazu geben, uns zu ärgern. Die trödelnden Kinder beim Frühstück, der Autofahrer im Frühverkehr auf dem Weg zur Arbeit, der Chef, die Kollegen, die Kunden, das Fernsehprogramm, der Haushalt, die offenen Rechnungen... diese Liste ließe sich unendlich weiterführen. 

Wir erdenken uns die Welt, wie sie uns (nicht) gefällt

Fernöstliche Wissenschaften wissen schon lange, was die Psychologie seit den 90er Jahren für sich entdeckt hat: Achtsames Denken und Handeln erleichtert unser Leben. Krisen gehören zu unserem Leben dazu wie die Geburt und der Tod. Selbstverständlich meiden wir die unangenehmen Situationen, vor denen wir manchmal gestellt werden. Wir verdrängen diese lieber oder reagieren auf sie mit Abwehr: Mit Wut, mit Ärger, vielleicht sogar mit Hass oder mit deprimierter Stimmung. Das hält uns kurzfristig davon ab, uns mit diesen Herausforderungen auseinander zu setzen. Dazu ein Beispiel: 

Im Büro ruft als erstes ein Kunde an, schnauzt ins Telefon, dass er absolut unzufrieden ist. So wie der Bürotag gestern geendet hat, so beginnt er heute schon. Es ist zum Verzweifeln. Gedanken machen sich breit: "Ich halte das nicht mehr lange aus. Alle Kunden sind schrecklich. Ich hasse meinen Job. Ich schaffe das nicht mehr. Warum immer ich?" Treten diese Gedanken immer häufiger auf und kommen immer mehr solche unangenehmen Erlebnisse in unser Leben, kann ein negativer Teufelskreis entstehen. Unser Kopf sagt uns, dass alles schwer zu ertragen ist, dass wir das nicht mehr schaffen, dass das alles kein Ende nimmt und bekommt permanent die Bestätigung dafür. So erschaffen wir uns selbst unsere immer negativere Welt.  

Auf Dauer nimmt die Seele die Farbe deiner Gedanken an
— Marc Aurel

Gefangen im Gefühlschaos: Emotionsregulation kannst du üben

Achtsamkeit ist auch ein wirksames Tool, um mit den eigenen "inneren Stimmen" zurecht zu kommen. Mit diesen lästigen Anteilen, die unser Leben erschweren. Kennst du die? Diese Stimme, die dir zuflüstert: "Nimm doch den Doghnut, ist doch eh schon egal." Und uns danach ein schlechtes Gewissen macht. Besonders hilfreich sind bestimmte Übungen aus der Achtsamkeit auch gegen impulsives Handeln. Vielleicht bist du leicht aus der Ruhe zu bringen und reagierst oft anders, als du es eigentlich möchtest? Viele Menschen erleben sich immer wieder im "Autopiloten", sind leicht aufbrausend und verhalten sich nicht der Situation entsprechend. Ein klassisches Beispiel sind Beziehungsstreits: 

Sie will ein wichtiges Thema besprechen, er ist (ohnehin bereits genervt vom langen Arbeitstag) schlecht gelaunt und reagiert auf ihre Frage in lautem Ton, voll Wut, unangepasst abwertend. Sie ist verletzt, er merkt nach wenigen Augenblicken, dass diese Reaktion schon wieder unpassend war. Er entschuldigt sich - beteuert, dass das nicht mehr vorkommt und versucht zu erklären, warum ihn diese Frage gerade heute so wütend gemacht hat. Ihre Antwort: "Heute ist es das, nächstes Mal ein anderes Thema." Warum wir so über reagieren, hat übrigens mit unserer Lerngeschichte zu tun (Mehr dazu steht im Beitrag "Warum sind wir, wie wir sind?"). Wie aber soll er lernen, mit seinen Gefühlen besser umzugehen? Die Achtsamkeit bietet eine Möglichkeit dazu. Genauso wie unsere Verhaltensweisen nicht von heute auf morgen entstanden sind, dauert es auch eine Weile, bis wir aus den alten Mustern ausgestiegen sind. 8 Wochen, um genau zu sein. Verspricht zumindest ein ganz tolles Buch: Das MBCT-Arbeitsbuch von John Teasdale, Mark Williams & Zindel Segal. 

In 8 Wochen zur "Selbstbefreiung" von Depression und Stress

Eine wichtige Grundlage dieses Programms, das als MBCT (Mindfulness-Based Cognitive Therapy) bekannt ist, bildet das Wissen, dass unsere Gefühle nicht automatisch über uns herfallen und wir ihnen nicht ohnmächtig ausgeliefert sind. Das mag anfangs komisch klingen, doch wenn es uns gelingt, uns selbst und unsere Gefühl, unsere Gedanken und unser Verhalten genauer zu beobachten, merken wir schnell: Diese drei hängen eng zusammen. Einem Gefühl geht meist ein Gedanke voraus, auf jeden Fall gibt es einen Anlass. Entweder kommt dieser aus unserer "Umwelt" - also von unserem Partner, den Kindern, dem Kunden.... oder aus uns selbst - ein negativer Geistesblitz. Wir erkennen das sich anbahnende Gefühl durch die Veränderung unserer Stimmung. Durch eine achtsame Grundhaltung erlernen wir quasi ein persönliches Frühwarnsystem für unsere Gefühle. Das Programm, das heute erfolgreich in der Therapie eingesetzt wird, kann Menschen helfen, Depressionen frühzeitig zu erkennen und ihre Gedanken sowie ihr Verhalten zu ändern, bevor sie wieder in das gefürchtete "schwarze Loch" fallen. Die MBCT kann Menschen auch lernen, mit ihrer Angst umzugehen oder in stressigen Situationen nicht in den bodenlosen Sog der Hektik und der Hoffnungslosigkeit gezogen zu werden.

Die einzelnen Schwerpunkte mit konkreten Übungen werden von Woche zu Woche am Blog vorgestellt.